CHARLOTTE KOLLMORGEN - ANMERKUNGEN ZUM WERK EINER MALERIN

Prof. Dr. Johannes Eucker, Hochschule der Künste Berlin

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Die Malerei als Medium, die Farbe als künstlerisches Mittel

Wer malt, braucht oder entwickelt mit der Zeit ein Malkonzept. Dieses Konzept erwächst aus künstlerischen Entscheidungen. Charlotte Kollmorgen hat sich entschieden.

Da ist zunächst die Entscheidung für Ölfarbe als technisches Mittel. Ihre großformatigen Bilder malt sie nicht mit Tempera, nicht mit Acrylfarben. Was geben Ölfarben her, was geben sie ihr an Möglichkeiten?

Es ist bekannt, mit Ölfarbe kann man satte Farbtöne erzeugen. Diese Materialeigenschaft nutzt die Künstlerin. Maltechnisch bringt Ölfarbe einen Vorteil: man kann sie während des Malens auf dem Malgrund verändern. Man kann auch lasierend damit malen, also transparente Lagen von Farben übereinander auftragen, man kann sie spachteln und pastos (griechisch = teigig) auf die Leinwand bringen. Sie lässt sich auch unmittelbar aus der Tube auf die Leinwand drücken, wie moderne Künstler bewiesen haben.

Zum Malkonzept Charlotte Kollmorgens gehört als zweites Moment die Auffassung vom Malen als künstlerischem Mittel.

Der Kunsthistoriker Heinrich Wölfflin hat als einen seiner „kunstgeschichtlichen Grundbegriffe“ die Polarität des Linearen und des Malerischen in der Malerei aufgestellt. Dass ein Anblick einer Sache, einer Landschaft beispielsweise, malerisch sei, das ist auch in der Umgangssprache eine geläufige Formulierung. In der Malerei können aber alle Dinge zweifach aufgefasst werden. Man kann sie mehr plastisch und konturiert sehen, von ihren Formen her oder mehr fleckenhaft und unscharf, eben von ihren Farben her. Das eine ist das klassische (zeichnerische) Kolorit (Farbgebung), das andere das malerische Kolorit.

Dieses Malkonzept der Kunstproduzenten prägt den Blick der Rezipienten. Die Rezipienten lernen aber nicht nur den Blick auf die Kunst, sie können ihre erworbene Kunstwahrnehmung auch auf die Wahrnehmung der Welt um sie herum übertragen.

Die Betrachter können den Blick auf die Welt vom Maler (probeweise) übernehmen und ihn sich gegebenenfalls zu eigen machen. Auch von Charlotte Kollmorgens Bildern können sich die Betrachter zu einer Sehweise anregen lassen. Ihr Werk ist ein Angebot an unsere Wahrnehmung, eine Einladung, differenziert zu sehen.

Wenn man ein mehr malerisches Malen und ein mehr zeichnerisches Malen unterscheiden kann, was ist charakteristisch für das Werk Charlotte Kollmorgens?

Lässt man ihre Werke Revue passieren, stellt man fest, dass es eine starke Tendenz zum Linearen gibt. Die Farbe wird grafisch eingesetzt, aber nicht ausschließlich. Es ist zugleich grafischer und malerischer Umgang mit Farbe, der die Werke auszeichnet. Sie versöhnt beide Malkonzepte. Und die Betrachter mögen sich an Kandinsky erinnern, der die Auffassung äußerte, Grafik und Malerei seien eigentlich nicht „zwei Kunstgebiete“ (Kandinsky in seinem Buch „Punkt und Linie zu Fläche“ S.33). Es gebe keinen „inneren (im Original kursiv; J.E.) Grund“ zu dieser Teilung. In manchen von Charlotte Kollmorgens Werken spielen Flächen und Linien mit- und gegeneinander und konstituieren so die Bildkomposition. In anderen legen sich Linien mit Nachdruck an Linien und bilden Flächen oder räumlich zu lesende Figurationen.

Schlägt bei der gleichzeitigen Verwendung der Farbe als grafisches wie als malerisches Mittel die Lebensgeschichte der Künstlerin zu Buche, ihre Tätigkeit als Grafikerin?

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